Der Bericht
Beim Start vor dem Arbeitsamt waren wir ca. 31 Leute.
Die Strecke führte uns heute wieder zum Marienplatz, wo wir bereits von unserem Sponsor der Technik, dem Klosterschmaus , erwartet wurden.
Die Demonstration verlief wie immer friedlich und ruhig, weil sich die Demonstranten an Recht und Gesetz hielten.
Wir hoffen auf höhere Teilnehmerzahlen und bitten alle, selbst aktiv zu werden.
Das Flugblatt
Offizielles Flugblatt Nr.44 zu der am 27. Juni 2005 stattfindenden, traditionellen Görlitzer Montagsdemo. Organisiert von Karsten Richter, Bernd Eckert sowie den anderen Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe. www.montagsdemo-goerlitz.info
Liebe Görlitzer! Vorigen Montag waren wir von der orginalen Montagsdemo im Apollo-Theater bei einer Gesprächsrunde mit Herrn Nagel als Leiter der Agentur für Arbeit in Görlitz. Unsere Arbeitslosen hatten viele Fragen zu Hartz IV, zu Ungerechtigkeiten und zur Abarbeitung vieler persönlicher Schicksale. Es zog sich wie ein roter Faden durch das Gespräch, daß er eigentlich nur ein Dienstleister dieser bundespolitischen Entscheidungen ist. Außerdem passen wir als Montagsdemonstranten nicht in das Milieu einer angehenden Kulturhauptstadt mit all seinen Touristen! Also totlaufen lassen und unterwandern, weg mit den ewigen pfeifenden Nörglern von der Straße!!!
Nun ist es soweit! In den alten Bundesländern geht es den noch arbeitenden Bürgern an den Kragen! Nicht nur der bekannte Fahrzeugausrüster SIEMENS/VDO in Würzburg macht dicht, weil die Produktion aus demOberfränkischen nach Ostrava verlegt wird, es kommt noch der Abbau der erkämpften Sozialleistungen wie keine Schichtzulage, kein Mehrarbeitszuschlag oder keine eigentlichen gesetzlichen Pausen hinzu!!!
In einem Beitrag vom Sender MDR-Info am 29.03.05 wurde berichtet, daß in Deutschland bereits jedes 5. Kind psychisch gestört ist. Kinder sind eigentlich ein Reichtum der Nation! Herr Bundeskanzler, wir Hartz IV-Gegner werfen Ihnen einen massiven Bruch des Amtseides vor, in dem es unter anderem sinngemäß heißt, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden und sich dem Wohle seiner Bürger einzusetzen! Was ist nur aus diesen Beteuerungen geworden???
Die Hypovereinsbank ist durch die italienische Unicredit-Bank geschluckt worden.. Nach der Fusion sollen dann 9 200 Stellen gestrichen werden. Auch in Deutschland ist eine vierstellige Zahl von Arbeitsplätzen in Gefahr. Beim Elektronikkonzern IBM sollen laut der Gewerkschaft VERDI in den kommenden Jahren 2 500 Jobs verschwinden. Die Standorte Schweinfurt und Hannover werden bis zum 30. Sept.05 mit 600 Arbeitsplätzen geschlossen. So geht das weiter!!!
Beim 100 jährigen Sanitär-Traditionsunternehmen „ GROHE „ wird das Werk in Herzberg bei einer dortigen Arbeitslosigkeit von 24% geschlossen. Knallhart fliegen dort 300 Arbeiter auf die Straße, da die Produktion nach China, Thailand und Kanada ausgelagert wird!!! Die Kältetechnik „Linde“ verlagert die Produktion von Kostheim (Hessen) bei Verlust von 1 163 Arbeitsplätzen nach Tschechien und Frankreich.. Durch den Ausverkauf von vielen heimischen Firmen an ausländische Konzerne sind wir nicht mehr Herr über unsere Produktionsstätten und der Willkür ausgeliefert! Deutsche Konzerne die ins Ausland gehen, werden noch mit steuerlichen Abschreibungen belohnt!!! Was sind das für konzerndienliche Gesetze?
Vermittelt für den 1. Arbeitsmarkt wurden z.B. im April 05 in Görlitz (lt. SZ.) 20 Hartz IV-Empfänger, wobei die Arbeitsgelegenheiten höchst anrüchig sind. Dafür suchen noch immer 721 Jugendliche einen Job! In Tambach-Dietharz sind ausgebildete Maurer als Schäfer, Schülerlotsen oder Weihnachtsbaumzüchter eingesetzt, aber ob es Schwarz/Gelb besser kann? Landsleute, zieht Euch warm an, es kommt schlimmer!!!
Clement hat auch mal recht, denn 58% der „Wessi's“ waren noch nicht im Osten! Sie kennen unsere Verhältnisse nicht oder wollen sie auch nicht kennen. Der Spruch: „Mau am Bau“ interessiert sie erst, wenn es ans eigene Leder geht. Auf dem geschundenen Arbeitssektor Bau gibt es mittlerweile mehr Leute ohne Arbeit, als Beschäftigte! Statt Zugang mehr Rückgang der Beschäftigungszahlen!!!
Wir wollen nicht aufgeben und versuchen, die Hartz-IV Betroffenen durch unsere Flugblätter und mit unserer nun schon 44.gewaltlosen orginalen Montagsdemo zu erreichen. Wir gehen auch mal andere Wege, um auch über ein Theaterstück, der Presse oder durch das Internet-Portal auf uns aufmerksam zu machen. Es gibt sie noch, die Montags-Demos in Zittau oder Leipzig. Sie sind wie hier bei uns, aus unverständlichen Gründen nicht mehr so zahlenmäßig groß, aber eine Stunde am Montag hätte jeder Betroffene für seine Zukunft Zeit, oder?
Es grüßen Euch die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe der Montagsdemo „DAS ORIGINAL“ Vielen Dank den Bürgern die uns finanziell und materiell unterstützt haben. Wer weiterhin unsere Montagsdemo „DAS ORIGINAL“ unterstützen möchte, bitten wir hiermit um Barspenden!
Die Rede
Liebe Bürgerinnen und Bürger !
Vielen Dank, das ihr zu unserer 45. Montagsdemonstration erschienen seid. Als Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 1998 die Wahlen gewann und an die Macht kam, sollte das ein Aufbruch in eine neue Zeit werden. Auch bei der Steuerpolitik war Neues geplant, um die verkrusteten Industriestrukturen in Deutschland zu modernisieren.
Was am Ende herauskam, war ein riesiger Geschenkkorb für die Konzerne, dramatisch gesunkene Steuereinnahmen des Staates und hoch verschuldete Städte und Gemeinden im ganzen Land.
Wie konnte so etwas passieren? War es Absicht oder Unfähigkeit der Politiker? Hört man sich um in Deutschland, dann fallen immer wieder zwei Namen, die für dieses volkswirtschaftliche Desaster verantwortlich gemacht werden: Werner Müller, früherer Bundeswirtschaftsminister, und Prof. Dr. Heribert Zitzelsberger, früherer Staatssekretär im Finanzministerium.
Die deutsche Steuerreform des Jahres 2000 ist ein Lehrbeispiel dafür, wie die Konzerne erfolgreiche Lobbyarbeit betreiben – indem ihre Leute an entscheidende Schaltstellen der Politik gelangen.
Die hoch bezahlten Berater nennen es "Steueroptimierung": internationale Großkonzerne wie Telekom, Porsche, E.ON oder Siemens zahlen trotz immenser Gewinne kaum noch Steuern - und bereichern sich zusätzlich an Milliardensubventionen des Staates. Mehr und mehr multinationale Konzerne verlagern ihre Betriebe ins Ausland - dorthin, wo sie weniger Abgaben entrichten. Dabei zahlen Multis und reiche Privatpersonen ohnedies Jahr für Jahr immer weniger Steuern. Der Anteil des Kapitals am Gesamtsteueraufkommen in Deutschland ist von 34,7 Prozent im Jahr 1960 auf 12,2 Prozent im Jahr 2002 gesunken. Die gesellschaftliche Infrastruktur - Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Polizei, Straßen usw. - wird im Wesentlichen von Lohnabhängigen und vom Mittelstand finanziert. Die Multis werden mit üppigen Subventionen bedient.
Und das kleine Volk, der kleine Mann, der Arbeiter ?
Immer mehr Unternehmen wandern ins billige Ausland ab und machen Tausende Arbeitsplätze kaputt. Sie sorgen für immer mehr ALG-II-Empfänger.
Und die Arbeitslosen, die es jetzt schon sind ?
Sie lassen sich in den Arsch treten und kuschen!
… Sie nehmen klaglos ihre Bescheide entgegen, obwohl sie kein Wort davon verstehen, obwohl ihnen damit bewusst verweigert wird, die Berechnungen nachzuprüfen, die doch über ihr weiteres Leben bestimmen.
… Sie lassen sich von überarbeiteten und abgenervten ARGE-MitarbeiterInnen abwimmeln, vertrösten, rumschubsen und schikanieren.
… Sie widersprechen nicht, wenn sie aus ihren Wohnungen geschmissen werden sollen, weil die angeblich ein paar Euro über der Angemessenheit liegen; sie fragen nicht einmal danach, was angemessen heißen soll und wer das denn für sie festlegt. … Sie hauen den Bütteln nicht auf die Finger, die in ihren privaten Wohn- und Lebensverhältnissen herumschnüffeln, um ihnen irgendwas unterzuschieben, womit wieder eine Leistung gestrichen werden kann.
… Sie lassen sich ihre über lange Jahre mühsam angesparte private Altersvorsorge einfach wegnehmen.
… Sie wehren sich nicht dagegen, dass sie mit perspektivlosen Ein-Euro-Jobs abgespeist werden.
… Sie schreien nicht auf, wenn das ganze Hartz-Gesabbel sich als dreiste Lüge entpuppt: statt mehr Arbeitsplätze weniger Arbeitsplätze, statt besserer Betreuung und Vermittlung mehr Chaos und Schikane, statt eine Perspektive auf menschenwürdige Arbeit die Perspektive auf weitere Verarmung und Ausgrenzung.
Doch wir, die wir hier Montag für Montag stehen, wir wehren uns. Wir wollen uns das nicht gefallen lassen, was man uns als Bundespolitik verkaufen will.
Deshalb rufe ich Euch wiederum zu unserer nächsten Demonstration auf, nächsten Montag, 18:00 Uhr vor dem Arbeitsamt.
Zum Abschluss möchte ich mich nochmals bei allen bedanken, die zum Gelingen der Montagsdemo von der vergangenen Woche beigetragen haben, insbesondere bei Herr Dr. Wieler vom Theater und bei Eberhart Nagel, Chef des Görlitzer Arbeitsamtes.
Das Angebot steht, wir werden regelmäßig Diskussionsforen abhalten.
Ich bedanke mich bei Euch für Eure Aufmerksamkeit !